Jura

Mein Praktikum bei der Staatsanwaltschaft Berlin Teil 1

Fast jeden Morgen steige ich aus meinem Bus aus und laufe zur Turmstraße 91 in Berlin Moabit. Es ist eine seltsame Gegend, in der das für mich schönste Gerichtsgebäude Deutschlands steht. Moabit ist eine Gegend, die wohl niemand als wirklich schön beschreiben würde; ein paar Cafés, in denen es bestimmt keine Soja- oder Mandelmilch gibt und die auch von außen nicht dazu aufrufen, dass junge Berliner Hipster hier ihren Matcha-Chai trinken.

Insgesamt ist es eine recht trostlose Gegend. Man wird entweder dorthin vorgeladen oder steigt in einen Bus oder eine U-Bahn.

Das Schönste an dieser Gegend ist für mich seit 3 Wochen jedoch das Amts- und Landgericht Tiergarten oder auch das größte Kriminalgericht Europas, das 340 Richter und 360 Staatsanwälte beschäftigt.

Wer mir schon länger folgt weiß, dass mein Mann und ich in der Haupthalle dieses Gerichts Hochzeitsfotos gemacht haben. Damals wusste ich jedoch noch nicht, dass ich diese Treppen einmal jeden Tag hinauf und hinab steigen werden, immer mit einer gewissen Ehrfurcht.

Hochzeitsfoto Kriminalgericht Berlin Moabit

Meine mich betreuende Staatsanwältin bearbeitet Fälle mit jugendlichen und heranwachsenden Straftätern. Ich habe mich sehr gefreut, dass ich zu ihr kommen durfte, denn dieser Bereich war mein großer Wunsch.

Meine Aufgaben

Wie sieht so ein Alltag als studentische Praktikantin bei der Staatsanwaltschaft aus? Noch bevor mein eigentliches Praktikum begann, schrieb ich mit meiner betreuenden StA über den Suizid einer 11-jährigen Schülerin aufgrund von Mobbing. Dieses Thema möchte Sie mit mir in 9. Klassen einiger Sekundarschulen hier in Berlin mit Schülern besprechen. Mobbing ist ein sehr großes Problem unter Schülern und ein sehr wichtiges Thema zu dem auch noch ein gesonderter Post online kommen wird.

Meine Aufgabe war es also zunächst, Fakten rund um die Themen Mobbing, Cybermobbing und -stalking, Sexting und Verbreiten jugendpornographischer Schriften zu recherchieren. In wie weit greift Mobbing in die Grundrechte ein und welche rechtlichen Möglichkeiten hat man als Opfer. Wie kann man sich gegen Mobbing zur Wehr setzen etc.

Ansonsten führte sie uns durch das sehr große Gebäude, wir besprachen Akten und schauten uns eigenständig sehr viele Hauptverhandlungen sowohl mit ihr als Staatsanwältin, als auch von anderen an. Ich lernte Jugendrichter*innen, Referendarinnen, Polizeistudentinnen und andere Justizmitarbeiter kennen.

Am Spannendsten sind natürlich für mich die Gespräche über die Akten und einzelnen Fälle und die Verhandlungen.

Hin und wieder gab es gezielt Veranstaltungen für Praktikanten, wie z.B. eine Übersicht über jugendliche Intensivtäter und eine Hauptverhandlung inkl. Prozessquizz 🙂

Man merkt, dass alle auf Studenten, Schüler und Referendare eingestellt sind und einem wird Vieles ermöglicht um etwas zu lernen, Fragen zu stellen und die einzelnen, vielfältigen Berufe, die es in einem Gericht so gibt, kennenzulernen.

In der jetzigen 3. Woche habe ich meine erste eigene Strafakte bekommen um eine Anklage zu schreiben. Ich bin sehr gespannt wie ich mich anstelle und was sie sagen wird 🙂

Was ich bisher gelernt habe

Wenn man in einer Verhandlung sitzt und sich die Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsenden anhört, wird mir persönlich immer etwas mulmig. Ich versuche mich in alle Beteiligten, inkl. das Opfer, hineinzuversetzen und versuche nicht außer Acht zu lassen, dass dort vor mir junge Menschen sitzen, die eigentlich noch ihr ganzes Leben vor sich haben. Und es wird einem in solchen Momenten klar, wie schnell man sich sein junges Leben verbauen kann. Durch eine oder auch manchmal mehrere falsche Entscheidungen. Das Jugendstrafrecht hat immer noch den Erziehungsgedanken im Fokus, das heißt, dass niemand, der ein T-Shirt für 20€ gestohlen hat, ins Gefängnis geht. Meistens passiert das auch beim 2. oder 3. Mal noch nicht, jedoch gibt es dann nach bestimmten richterlichen Weisungen, Ermahnungen, Freizeitarresten, Bewährungsstrafen nicht mehr viel Luft nach oben und der nächste Gang ist der in die Jugendstrafanstalt. Bis dahin kann eine gewisse Zeit vergehen, muss aber nicht, je nachdem mit welchem Verbrechen man seine kriminelle Karriere beginnt, kann der Weg in das Gefängnis auch für Jugendliche und Heranwachsende sehr kurz und ohne Umwege sein.

Ich habe darüber hinaus gelernt, dass Urteile nie nur schwarz oder weiß sind. Ich sehe täglich, wie die Richter*innen mit sich und den Schöffen ringen, Prognosen abwägen und diskutieren. Solch ein Urteil wird selten leichtfertig gefällt. Wenn du mir auf Instagram folgst, dann schau mal in die Highlights. Dort habe ich ein Staatsanwaltschaft-Highlight angelegt. Dort berichte ich öfter über meinen Alltag dort.

Insgesamt ist es super interessant, ich lerne sehr sehr viel und ich habe durch dieses Praktikum einen enormen Motivationsschub für meine Prüfungen in 3 Wochen und mein gesamtes Studium erhalten. Meine Vorstellungen von der Arbeit einer Staatsanwältin haben sich verfestigt und ich kann mir immer mehr vorstellen, diesen Beruf nach meinen Examina zu ergreifen.

Ich hoffe, dieser kleine Einblick hat euch gefallen.

Alles Liebe,

Eure Caro

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